Von Eulen und Lerchen

Der Schlaf ist eine mysteriöse und faszinierende Sache zugleich. Oft wird er unterschätzt, weil wir ihn nicht bewusst erleben aber fehlt er, dann macht sich das doch sehr deutlich bemerkbar :O

Tatsache ist, dass der Bedarf an Schlaf von Mensch zu Mensch variiert. Das hängt unter anderem vom Alter, dem Lebensstil und dem allgemeinen gesundheitlichen Zustand der Person ab. Kurzfristig gesehen spielen aber auch Faktoren wie Alkoholkonsum, Drogenkonsum, Stress und die Psyche ein große Rolle. Das kennen bestimmt die meisten... :D

Die Menge macht's (nicht)

Ob wir am nächsten Morgen ausgeschlafen und erholt sind, hängt nicht pauschal von der Zahl der Schlafstunden ab...

Der durchschnittliche Erwachsene schläft ca. 7 Stunden. Es gibt aber auch einige Menschen, die schon nach 5 oder 6 Stunden Schlaf munter aus dem Bett springen und wieder andere, die erst nach 10 Stunden (oder mehr) wirklich ausgeschlafen sind.

Das hat, wie oben schon erwähnt, mit dem allgemeinen gesundheitlichen Zustand und Alter und Lebensstil zu tun. Ein kranker Mensch braucht beispielsweise sehr viel mehr Schlaf, da sein Körper täglich auch sehr viel mehr Leistung (im Kampf gegen die Erkrankung) erbringen muss als ein gesunder Körper, bei dem alles reibungslos läuft. Antikörper müssen produziert werden, Krankheitserreger unschädlich gemacht und geschädigtes Gewebe repariert werden.  Ähnlich sieht es bei Sportlern, Kindern im Wachstumsprozess oder auch chronisch gestressten Menschen aus.

Auf der anderen Seite spielen aber auch Gewöhnung und Veranlagung eine Rolle. Frühausfsteher sind meist am Morgen am produktivsten, während Langschläfer erst am Nachmittag in die Gänge kommen, dann aber bis tief in die Nacht aktiv sind. Die Lerchen und die Eulen :D

Wichtig zu wissen ist, dass zu viel Schlaf auf Dauer genauso schädlich sein kann, wie zu wenig Schlaf. Was aber tatsächlich "zu viel" oder "zu wenig" ist, muss jeder selbst austesten. Es lohnt sich in jedem Fall den passenden Schlafrhythmus für sich zu finden und dann auch beizubehalten.

Die Schlafphasen

Wir Menschen verbringen schätzungsweise ganze 24 Jahre unseres Lebens damit zu schlafen. Und das ist auch gut so, dann während wir im Traumland wundervolle Abenteuer erleben, laufen in unserem Körper einige lebensnotwendige Prozesse ab. Wir durchlaufen verschiedene Schlafphasen, die sich im Laufe des Schlafes wiederholen. Grob sind das die Folgenden:

Die Einschlafphase und der leichte Schlaf

Diese Phase wird auch als „Einschlafphase“ bezeichnet, da sie den Übergang in die anderen, tieferen Schlafphasen markiert.  Es ist die Zeit, in der sich die Muskeln entspannen, das Herz langsamer schlägt und der Blutdruck sinkt. Wir kommen zur Ruhe.

Der Tiefschlaf

Ist die Phase, in der sich der Körper erholt und neue Energie tankt. Hier finden wichtige Regenerationsprozesse statt. Es werden Wachstumshormone ausgeschüttet und geschädigtes Gewebe (zum Beispiel nach einem exzessiven Krafttraining im Fitnesscenter) repariert. Das Immunsystem wird gestärkt. Diese Phase ist auch essentiell für deine Lern- und Gedächtnisleistung. Wer im Tiefschlaf geweckt wird, fühlt sich meist müde, abgeschlagen und antriebsarm. Daher gibt es heute auch schon Lichtwecker, die einen Sonnenaufgang imitieren und einen so sanft aus dem Tiefschlaf in die leichteren Schlafphasen zurückholen, bevor man schließlich aufwacht.

Der REM- Schlaf (Rapid Eye Movements)

Ist - wie der Name schon sagt - die Phase, in welcher bei vielen Menschen schnelle Augenbewegungen zu beobachten sind (so als würde man sich bei geschlossenen Augen trotzdem versuchen umzuschauen...). Es ist die Phase, in der wir träumen und in welcher sich auch der Blutdruck, Herzschlag und die Atmung wieder beschleunigen. Emotionen, Gefühle und Erlebnisse werden hier verarbeitet. In dieser Zeit sind die Bereiche im Gehirn, welche für logisches, rationales Denken verantwortlich sind weitestgehend abgeschaltet. Es ist die Phase der Kreativität und der Phantasie.

Ein solcher Zyklus aus Einschlaf-, Tiefschlaf und REM- Schlafphase dauert in der Regel 90 Minuten und beginnt dann wieder von Vorne zu laufen. Die ersten 3 bis 4 Stunden während des Schlafens sollen dabei die erholsamsten sein, da sich hier die meisten Tiefschlafphasen finden.

Was aber passiert mit uns, wenn wir zu wenig oder einfach nur schlecht schlafen?

Ganz allgemein führt Schlafmangel zu einer mangelnden Regeneration des gesamten Körpers und damit in erster Linie zu körperlichen und geistigen Leistungseinbrüchen, verminderter Stressresistenz und erhöhter Unfallgefahr. Hier einige genauere Beispiele:

Beeinträchtigung des Stoffwechsels

Wenn wir dauerhaft schlecht schlafen, schüttet der Körper mit der Zeit weniger Leptin aus. Leptin ist ein Botenstoff, der für unser Sättigungsgefühl verantwortlich ist. Stattdessen wird vermehrt das Hormon Ghrelin ausgeschüttet, welches appetitanregend wirkt. Auf Dauer erhöht sich also das Risiko Übergewicht aufzubauen, da wir hormonell bedingt mehr Essen, als wir eigentlich bräuchten. Außerdem fördert Schlafmangel eine Insulinresistenz unserer Körperzellen und kann damit zur Entwicklung von Diabetes beitragen. Insulin ist ein Hormon, das dafür sorgt, dass Zucker (Glucose) aus dem Blut in die Zellen gelangt. Bei einer sog. Insulinresistenz reagieren die Zellen nicht mehr auf das Insulin, sodass die Glucose nicht in die Zellen hinein gelangt und im Blut verbleibt. Es kommt zu permanent hohem Blutzuckerspiegel und auf Dauer zu Diabetes, der sog. Zuckerkrankheit.

Verpasste Gehirnwäsche!? Das glymphatische System

Dein Gehirn vollbringt jeden Tag eine unglaubliche Menge an Aufgaben. Dabei fallen jedoch auch große Mengen an Stoffwechselabfällen an. Während wir schlafen, kann sich das Gehirn dieser Abfälle entledigen. Wörtlich genommen könnte man sagen, dass du dich jede Nacht einer gründlichen Gehirnwäsche unterziehst :-D Das Ganze funktioniert mit Hilfe des sogenannten glymphatischen Systems, dem exklusiven Reinigungssystem des Gehirns, über das alle Gift- und Abfallstoffe ins Lymphsystem und später aus dem Körper ausgeleitet werden. Dieses System arbeitet ganz besonders effektiv, wenn wir schlafen. Schlafen wir zu wenig, wird dieser Reinigungsprozess stark beeinträchtigt. Es wird vermutet, dass eine gestörte Abfallausleitung des Gehirns zum Beispiel auch mit der Entwicklung von Alzheimer zusammenhängt. Eine verlangsamte Abfallausleitung soll außerdem zu kognitiven Leistungseinbußen führen sowie die Merk- und Lernfähigkeit negativ beeinflussen. Am besten funktioniert die "Gehirnwäsche" übrigens, wenn du nachts in der Seitenlage schläfst.

Verminderte Lern- und Gedächtnisleistung

Im Schlaf werden eine Vielzahl an Informationen des Tages im Gehirn verarbeitet. Unter anderem wirkt sich das zum Beispiel auf die Fähigkeit aus schnelle und gute Entscheidungen - wobei der Begriff "gut" ja immer relativ ist - zu treffen. Die Redewendung "Darüber muss ich noch einmal eine Nacht schlafen" verdeutlicht das :-).

Während wir schlafen, werden außerdem wichtige Informationen und Erlebnisse des Tages in das Langzeitgedächtnis überführt. Neue Ereignisse werden mit bereits vergangenen Erinnerungen, Emotionen und Eindrücken verknüpft. Dieser Prozess ist unabdingbar, damit wir lernen und neues Wissen ansammeln können. Hierzu zählen auch motorische Fähigkeit wie Fahrradfahren, ein Instrument spielen oder Schwimmen lernen.

"Das ist wie Fahrradfahren, das verlernt man nicht...".

Doch ohne die Fähigkeit des Gehirns, bereits Erlerntes langfristig zu speichern, müsstest du praktisch jedes mal, wenn du auf dein Fahrrad steigst wieder neu fahren lernen. Nicht einmal laufen oder richtig mit Messer und Gabel essen, lesen oder sprechen könntest du.

Schwächung des Immunsystems

Schlafmangel schwächt nachweislich das Immunsystem. Sogenannte T- Zellen (Lymphozyten) sind in unserem Körper dafür zuständig Krankheitserreger zu identifizieren und zu zerstören. Diese T- Zellen patrouillieren permanent in unserem Blutkreislauf und halten nach Krankheitserregern Ausschau. Haben sie einen entdeckt, können sich die T- Zellen an den Erreger anhaften und den Bösewicht so überführen. Leiden wir nun aber an Schlafmangel, führt das dazu, dass die T- Zellen in ihrer Funktion stark beeinträchtigt werden. Hierfür ist zum Einen das Stresshormon Adrenalin verantwortlich, welches bei Schlafmangel erhöht ist und zum anderen verhindern verschiedenen Botenstoffen, dass die T- Zellen Eindringlinge unschädlich machen können. Eine erhöhte Infektanfälligkeit ist die Folge.

Wie man sieht, ist die Zeit, die wir mit Schlafen verbringen also keines Falls verschwendet, sondern sehr gut investiert. Heutzutage bekommen die meisten Menschen leider oft zu wenig Schlaf ab und die wichtige Bedeutung von genügend Schlaf ist einem dann doch nicht so bewusst. Der Schlaf und die verschiedenen Prozesse und Wirkmechanismen des Körpers, die ihn beeinflussen ist heute immer noch nicht erschöpfend erforscht. Doch allein der aktuelle Wissensstand genügt schon, um zu erkennen, dass unser Schlaf sich maßgeblich auf unsere Gesundheit, das Wohlbefinden und unsere Lebensqualität auswirkt.

In diesem Sinne alles Liebe und Gute Nacht :-)
Celina